F. Nietzsche
„Schauspieler“
Geist hat der Schauspieler, doch wenig Gewissen
des Geistes. Er glaubt immer an Das, womit er am
stärksten glauben macht, — glauben an sich macht!
Morgen hat er einen neuen Glauben und über¬
morgen einen neueren. Rasche Sinne hat er, gleich
dem Volke, und veränderliche Witterungen.
Umwerfen — das heisst ihm: beweisen. Toll
machen — das heisst ihm: überzeugen. Und Blut gilt
ihm als aller Gründe bester.
Eine Wahrheit, die nur in feine Ohren schlüpft,
nennt er Lüge und Nichts. Wahrlich, er glaubt nur
an Götter, die grossen Lärm in der Welt machen!
Voll von feierlichen Possenreissern ist der Markt
— und das Volk rühmt sich seiner grossen Männer!
das sind ihm die Herrn der Stunde.
Aber die Stunde drängt sie: so drängen sie dich:
Und auch von dir wollen sie Ja oder Nein. Wehe, du
willst zwischen Für und Wider deinen Stuhl setzen?
Dieser Unbedingten und Drängenden halber sei
ohne Eifersucht, du Liebhaber der Wahrheit! Niemals
noch hängte sich die Wahrheit an den Arm eines Un¬
bedingten.