Paul Celan / Gruppe 47

Paul Celan (links, hier mit Petre Solomon in Bukarest, Frühjahr 1947) stieß 1952 bei seiner Lesung auf den Widerstand der Realisten.

Realismus und Moderne

Mit steigender Bekanntheit der Gruppe wurden vermehrt Gäste aus dem In- und Ausland zu den Tagungen eingeladen. Das 10. Treffen fand im Mai 1952 in Niendorf statt, maßgeblich unterstützt von Ernst Schnabel, dem Intendanten des Hamburger Funkhauses des Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR).[13] Dort trug Paul Celan neben anderen Gedichten seine noch unbekannte Todesfuge vor und wurde nach Bölls nachträglicher Einschätzung „auf die peinlichste Weise mißverstanden“.[14] Walter Jens erinnerte sich an die Reaktionen: „Als Celan zum ersten Mal auftrat, da sagte man: ‚Das kann doch kaum jemand hören!‘, er las sehr pathetisch. Wir haben darüber gelacht, ‚Der liest ja wie Goebbels!‘, sagte einer. […] Die Todesfuge war ja ein Reinfall in der Gruppe! Das war eine völlig andere Welt, da kamen die Neorealisten nicht mit.“[15] Milo Dor fügte den Ausspruch Richters hinzu, Celan habe „in einem Singsang vorgelesen wie in einer Synagoge“.[16] In einem Brief an seine Frau Gisèle kommentierte Celan, Richter sei ein „Initiator eines Realismus, der nicht einmal erste Wahl ist“, und schloss: „Jene also, die die Poesie nicht mögen – sie waren in der Mehrzahl – lehnten sich auf.“[17] Trotz solcher Stimmen machte Celan mit dem Auftritt auf sich aufmerksam. Noch auf der Tagung erhielt er das Angebot für einen ersten Gedichtband in einem deutschen Verlag, und bei der abschließenden Wahl zum Preis der Gruppe erreichte er immerhin den dritten Rang. An weiteren Treffen der Gruppe 47 nahm er aber trotz wiederholter Einladungen nicht mehr teil.

 

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